Die Filmfestspiele in Cannes sind mit Sicherheit einer der aufregendsten Events der Welt. Und definitiv June´s Highlight. Dort habe ich schon in einem Zimmer neben Steven Spielberg gewohnt, mit Kirsten Dunst beim Kaffee gesessen, von Jack Nicholson ein Kompliment bekommen, Ryan Reynolds im Fahrstuhl getroffen und erlebt, wie ein 80-jähriger geldiger Mann mit 34 sehr jungen und ziemlich leicht bekleideten Frauen in einem Reisebus vor dem Restaurant vorgefahren kam - dies alles hat sich wirklich so zugetragen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind kein Zufall.

Nun bin ich aber einfach kein Fan-Girl, das in Ohnmacht fällt, wenn der Star eines Blockbusters an der Bar aufscheint, sondern falle eher um vor Freude, wenn ein Wissenschaftler ein Smart Pigment entdeckt, das nicht in die Lidfalte rutscht – sorry Ryan Reynolds. Glücklicherweise gibt es in Cannes Stars und Smart Pigmnente in glücklichem und engem Miteinander. Denn L’Oréal Paris kümmert sich darum, dass in Cannes der Lidstrich der Stars sitzt und keiner auf dem Red Carpet an Stellen glänzt, die nichts mit metallischem Effektgarn oder Pailletten zu tun haben. Gott sei Dank.

 

Interview mit Val Garland

 

Dieses Jahr hatte ich das unendliche Glück, eine meiner Make-up-Heldinnen dort zu treffen: Val Garland. So lange ich denken kann, hat Val ikonische Bilder für die Vogue, das W oder die größten Kampagnen der Welt geschminkt. Kurz vor dem Interview sitze ich noch in einem Strand-Restaurant während eines Wolkenbruchs. Eingehüllt in ein weißes Frottee-Handtuch, das ich auch noch wie ein Heldencape um mich trage, als ich den Raum betrete. Val trägt Schwarz, ihre Haare sind geföhnt, ihr Lippenstift sitzt perfekt. Ich sehe aus wie ein Pudel mit Lederjacke.

 

 

June

„Val ist ein Junicorn, soviel steht fest.“

 

Sie zieht mich am Arm auf den Stuhl neben sich. „Setz dich hier direkt neben mich, dann ist es nicht so förmlich.“ Ich liebe sie jetzt schon. Ihr britischer Akzent, der Duft den sie trägt, alles wirkt so vertraut und familiär. Val ist ein Junicorn, soviel steht fest. „Meine Stimme geht gleich weg, ich bin schrecklich erkältet!“ sagt sie und hört sich wirklich krank an Wir haben also Zeitdruck. Ich erzähle ihr, dass ich auch 10 Jahre als Make-up Artist gearbeitet habe und wir in einer der ersten Stunden gelernt haben, eine natürlich frische Haut zu schminken. Das nannte sich damals 3-dimensionales Schminken, auf die Wangen kam ein leichter Glanz in einem Pfirsichton, die Wangenknochen bekamen ein Highlight, darunter wurde konturiert, und das war das Minimum an Aufwand, den wir an Gesichtern betrieben haben.

 

Warum glaubst Du hat das jetzt auf einmal so eine Aufmerksamkeit bekommen? Alles muss Glowy, Dewy und konturiert sein. Liegt das an Kim Kardashian?

(Val lacht) Ach nein, einer bringt es immer groß raus. Ich denke wir sind einfach gesundheitsbewusster geworden. Das hat alles mit der sogenannten Gym-Skin vor ein paar Jahren angefangen. Jeder wollte so aussehen, als wäre er gerade aus dem Fitnessstudio gekommen. Frisch, gut durchblutet und eben auch konturiert. Der Wangenknochen soll rauskommen und die Kinnkontur soll eben auch gut definiert sein. Ich nenne das Hoked, Hoped bone. Keiner mag ein Puffy Face, oder?

 

 

Aber wenn wir ehrlich sind, gibt es diese Form von Ästhetik doch schon ewig.

Ja, mal mehr mal weniger glänzend. Das ist das Wissen der Profis, das nun durch die Medien mit einem Mal jeden erreichen kann. Für mich fing das an, als ich Mitte der 90er mit Mc Queen gearbeitet habe. Er hat mir immer gesagt: „Mach mir die Haut der Models wie die von einer Schaufensterpuppe. Makellos, seidenmatt, perfekt.“ Das war damals die Zeit, in der der ganze Wahnsinn mit dem Botox losging. Viele Gesichter sahen total gespannt aus und hatten eben diesen ganz speziellen Glanz. Also fragte ich Alexander: „Meinst Du diesen gelifteten Botox-Look?“ Und wir hatten einen neuen Trend geboren. Dieser überperfekte Look wurde das A und O eines jeden Fotoshootings, die Laufstege waren voll davon, alles wurde gephotoshopt und letztendlich sind ja die ganzen Foto-Apps der beste Beweis dafür, dass es wichtiger denn je ist, auf einem Foto gut auszusehen.

 

 

Aber damals gab es noch keinen Highlighter zu kaufen, wenn ich mich recht erinnere!?

Genau, der erste Highlighter kam glaube ich von der Visagistin Jemma Kidd. Sie war die erste, die mit einem solchen Produkt auf den Markt kam. Zumindest weiß ich nicht von einem anderen.

 

Und was hast Du in der Zwischenzeit gemacht?

Du weißt ja, als Make-up Artist ist man sehr intuitiv, sehr instinktiv. Wir mischen doch wie Künstler alles mit allem und basteln uns aus Texturen und Pigmenten die Produkte, die wir nicht haben. Ich habe damals einfach Gold, Silber oder Perlpigment in Foundations, Feuchtigkeitspflege oder Puder gemischt. Das ist vielleicht auch der Grund, warum die Beauty-Industrie uns immer auf die Finger schaut. Wenn wir anfangen, etwas Backstage zu basteln, wissen sie, welches Produkt auf dem Markt noch fehlt. Ziemlich schlau.

 

 

L'Oréal - Perfect Match
Minerals Finishing Powder

Klar, weil große Firmen wie L’Oréal auch genau die wissenschaftlichen Möglichkeiten haben, Produkte in der Perfektion zu entwickeln.

Exakt. Wir Make-up-Artisten kennen unsere Produkte, wir wissen, wie wir Glanz verstärken und dann auch wieder abschwächen können. Das weiß eine Frau, die nicht mit Make-up arbeitet, ja gar nicht. Also kommen Produktentwickler ins Spiel, die das Produkt so designen, dass es perfekt funktioniert. Dass es nicht zu stark glänzt und nicht zu viel glitzert. Wir haben Backstage nicht die Zeit zu entwickeln, wir basteln und kreieren mehr.

 

Gibt es da einen Fehler, den Du oft bei Frauen beobachtest?

Oh ja, wenn Frauen sich eine glowy Haut wünschen und deshalb eine Glowy Foundation wählen. Das ist Quatsch. Die T-Zohne sollte trotzdem mattiert sein. Also eine seidenmatte Foundation auswählen und gezielt an den Seiten Glanz setzen. So modellieren sich die Wangenknochen auch besser raus, weil das Highlight auf diese Weise eben richtig zur Geltung kommt.

 

 

Gibt es auch etwas, das Du ganz furchtbar findest in diesem ganzen Flow-Trend?

Definitiv. Wenn es richtig Gold oder Silber aussieht. Also diesen sehr künstlichen und kalten Glanz hat. Wenn ich das auf Wangen und Augenlidern sehe, gefällt es mir gar nicht. Das soll so edel aussehen, wirkt aber leider sehr billig.

 

Was glaubst Du, kommt nach dem Glow? Meinst Du, Du kannst den nächsten Trend voraussagen?

Gerade dreht sich alles um die Augen, die Tools werden immer abgefahrener. Davor ging es bestimmt fünf Jahre um Lippen. Dann um die Haut. Ich denke jetzt übernimmt die Technologie und wird einfach die Produkte in den verschiedenen Bereichen so perfektionieren, dass wir mehr multifunktionale Produkte haben. Dass Foundation zum Beispiel nicht nur abdeckt, sondern gleichzeitig in der Tiefe der Haut neue Zellen anregt. Das nennt man „Feeding while Faking“ (dt. füttern während man etwas vortäuscht).

 

 

Was würdest Du sagen ist Deine größte Stärke?

Ich habe nicht so eine Sache, die ich besonders gut kann. Ich bin da mehr ein Multitasker. Mir ist Haut wichtig, aber auch Eyeliner und auch Lippen. Also vielleicht kann man sagen, dass ich dafür bekannt bin, sehr schnell und spontan zu sein.

 

Und hast Du ein Lieblingsprodukt, das am Set nie fehlen darf?

Nein. Da bin ich auch sehr unkompliziert. Es gibt nur eine Sache, die mich in den Wahnsinn treibt. Looser Puder. Da hängt am Ende immer noch ein bisschen was am Rand der Dose und lässt sich nicht rausklopfen. Da hämmere ich dann wie eine Irre auf den Tisch und versuche den letzten Rest aus der Dose zu bekommen. Meistens ohne Erfolg. Das treibt mich in den Wahnsinn. Mein Assistent weiß schon, dass er dann lieber eine neue Dose bereit hält (lacht).

 

 

L'Oréal
Paradise Mascara

Vals Stimme verabschiedet sich mehr und mehr.

 

Eine Frage schaffe ich noch.

 

Welches Make-up-Produkt sollte jede Frau besitzen?

Definitiv Mascara. Das öffnet bei jeder Frau sofort den Blick, es wirkt fokussiert und wach. Lippenstift steht ja auch nicht jeder Frau, aber es gibt keine Frau auf dieser Welt, bei der Mascara nicht wahre Wunder bewirkt.

   

June

"Liebe Val, vielen Dank für das Interview, June loves you."
   

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